- NOFV-Regionalliga (4.Liga)
- Stadion Vogelsang (Rathenow)
- 943 Zuschauer
- 0:4 (0:0)
- Fotos: Fokus Fischerwiese
Schwein gehabt. Die Regionalliga Nordost ist ja ein relativ
Sonntags-geprägter Spieltag, heißt also der Großteil der Partien findet am
letzten Tag der Woche statt. Für den Großteil sicher praktisch, für die, die
sonntags meistens arbeiten müssen ist es natürlich genau das Gegenteil. Da ich
zu dieser seltenen Spezies gehöre, wurde schon wenige Sekunden nach der
Veröffentlichung der Spielplan gecheckt – wann ist das Spiel in Rathenow
angesetzt? Schwein gehabt – ein Mittwochstermin, zum Feiertag. Perfekt für mich,
schließlich ist das Stadion Vogelsang das letzte notwendige Puzzleteil im
Gesamtbild „Komplettierung Regionalliga Nordost“ – was aber auch leider zeigt,
dass solche Dinge mittlerweile im Vordergrund stehen und eben nicht mehr die
Vorfreude auf ein charmantes Auswärtsspiel mit deinen Freunden. Das Angebot des
Fanprojektes, den Weg in die Optik-Stadt zusammen anzutreten, wurde daher
dankend angenommen und so tuckerte man gemeinsam in Richtung Havelland. Ein
Genuss dabei natürlich die letzten rund 50 Kilometer Bundes- bzw. Landstraße,
die einem erneut ins Gedächtnis riefen, wie schön und doch trist Brandenburg
eigentlich ist. Und Rathenow passt da als Stadt auch perfekt rein, denn die
1157 erstmals erwähnte 25.000-Seelen-Stadt hat zwar durchaus ihre reizvollen
und gemütlichen Ecken, allerdings umgibt sie eben auch ein Hauch Tristesse, die
allgegenwärtig ihre Bahnen durch die Straßen und Gassen Rathenows zieht. Vielleicht
liegt es auch einfach an der Jahreszeit, die zumindest rund um das auserwählte
Ziel des Tages für wenig Begeisterung sorgte. Die Lage abseits am Wald, in
Spuckweite zum Wolzensee mag im Sommer ihren Reiz besitzen – im Herbst trauert
man der verpassten Chance ein wenig hinterher, dass man hier vielleicht zwei
Monate zu spät aufläuft.
Nahtlos der
auf sandigem Boden thronende Umgebung passt sich dementsprechend auch das
Stadion Vogelsang ein – eine Anlage zwischen provinziellem Charme und seelenlosem
Pragmatismus, resultierend aus der Kompletterneuerung der Anlage von 2006 bis
2017, als dank Förderung der Bundesrepublik und der EU auch das letzte bisschen
alte Bausubstanz dem Erdboden gleichgemacht wurde. Manch einer mag an der
Stelle stöhnen, aber die Umstände waren für die Fußballer aus Rathenow alles
andere als freundlich. Und die ehemals auf der Ende des 19. Jahrhunderts als
Trabrennbahn eröffneten Anlage thronende Tribüne (siehe Bild) ist nur deswegen
nicht mehr Teil des Stadions, weil sich einige Unioner 1994 nicht benehmen
konnten und einen solchen Schaden an der aus Holz bestehenden Konstruktion
verursachten, dass das örtliche Bauamt diese kurzerhand sperrte und zeitnah
abreißen ließ. Doof gelaufen und Herzliches Danke in die Hauptstadt.
Stattdessen gibt’s hier zwei kleine Mini-Tribünen sowie einige mittig
überdachte Stufen auf der Geraden zu sehen, die zugleich den Gästeblock
darstellen. Klein und irgendwie provinziell. Der pünktlich zum Anpfiff
einsetzende Nieselregen verstärkt die Tristesse des Stadions, dessen Name
zugleich den einzigen nennenswerten Hinweis auf akustische Aktivitäten
darstellt. Der vielleicht aus 350 Nasen bestehende Gästeblock ist sich
weiterhin uneins, wie er mit der ganzen Situation umgehen soll. Die Ultra-Szene
boykottiert weiterhin, muss selbst erst einmal wissen, wo sie hinwill. Und wie
es eben auch im restlichen Land meistens so ist: ohne die üblichen
Protagonisten läuft auch beim Rest nichts. Eine verfahrene Situation, für die auch der heute als Stargast anwesende nordkoreanische Popstar Kim Jong-un keine Lösung parat hat. Eine merkwürdige Stille liegt also
über dem Stadion, da auch die Heimseite bis auf wenige Banner keinerlei Ansätze
einer aktiven Fanszene zeigt. Jeder halbwegs lautstarke Zwischenruf von und
neben dem Feld hallt über den Rasen, deutlich hörbar für jeden der 943
Anwesenden. Zumindest im ersten Abschnitt gab es für die himmelblauen Anhänger
auch wenig zu jubeln, denn der Tabellenletzte machte seine Sache hier richtig
gut, hielt mit und erspielte sich das ein oder andere Mal selbst die
Möglichkeit, in Führung zu gehen. Manch einer unkte gar schon von der Rückkehr
des Clubs, der am Boden liegenden Gegnern gerne mal wieder aufhilft. Doch in
der zweiten Hälfte lief dann alles wie geplant und am Ende stand ein etwas zu
hoher 4:0-Auswärtssieg auf dem Notizzettel. Kacke nur, dass auch dieses
Ergebnis erneut kaum Regungen in einem weckte und auch der Sektor Hoste nahm
die drei Punkte ohne großartigere Jubelarien an. Szenenapplaus erhielt dafür
aber der Finne Kimmo Hovi, der es tatsächlich schaffte, ganze 15 Sekunden nach
seiner Einwechslung zum 3:0 zu treffen und nebenbei Potenzial für die Rolle des
sympathischen Publikums-Lieblings offenbarte. Klingt zwar ziemlich nach Bravo
statt Haderlump, aber dem Jungen habe ich es gegönnt. Blieb dann aber auch die
einzige positive Gefühlsregung des Tages im Bezug auf die himmelblauen Farben…
Immerhin sorgte die Heimreise für viele Lacher, über deren genauen Inhalt ich
aber an der Stelle galant schweige. Wir waren schließlich mit dem Fanprojekt
unterwegs, auch wenn die Themen und Witze mit sozialpädagogischen Inhalten
wenig zu tun hatten…
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