- Eishockey: 2. liga Střed (3.Liga Tschechische Republik)
- Zimní stadion (Slaný)
- 53 Zuschauer
- 2:7 (0:2, 1:2, 1:3)
Das erste Januar-Wochenende ist, sofern man in heimatlichen Gefilden bleibt, ja meist für Randsportarten gebucht, und so war das Spielgerät auch im neuen Jahrzehnt, das ja irgendwie doch kein neues Jahrzehnt ist, kein Lederball, sondern eine kleine, schwarze Hartgummischeibe. Und was wir da wieder ausgegraben haben... immerhin lockte mit dem Stadion in Slaný eine charmante Halle mit sozialistischem Touch und direkt nebenan liegender Kneipe. Dem Reiz des Exotischen erlagen dann auch tatsächlich neun Nasen aus Karl-Marx-Stadt, sodass sich zwei Autos am Mittag auf den Weg gen Tschechien machten. Hinter der Grenze die übrigen Tauschgeschäfte erledigt und rund 2,5 Stunden vor Anbully den Ort des Geschehens erreicht, der noch immer direkt neben der Heimat der örtlichen Fußballer und dem städtischen Hallenbad liegt. Frohen Mutes und mit trockener Kehle stiefelte die Meute erwartungsfroh gen Eingang der Kneipe, an dem ein kleiner Aushang die Pläne ein wenig ins Wanken brachte - "Dovolená" heißt das Zauberwort, Urlaub... bis 05.01. blieben die Türen dieser netten Spelunke verschlossen und wir somit auf Alternativen angewiesen. Slaný mit seinen rund 15.000 Einwohnern ist aber alles andere als groß und so stand man keine zwei Minuten später vor der nächsten Tür, die diesmal offen war. Den Jackpot zog man dabei aber nicht, denn wirklich mit typischer, rustikaler Honza-Kneipe hatte das hier wenig zu tun. Nichtmal die Klassiker wie Knoblauchsuppe, Gulasch oder Hermelin schafften es auf die Speisekarte, sodass man sich tatsächlich mit Burgern oder Ravioli die Wampe rund futterte. Auch das hier gebraute Bier schmeckte nur so halb, die Zeit brachte man dank großer und gesprächsfreudiger Runde trotzdem gut rum. Vor der Abfahrt gab's dann noch einen weiteren Schmunzler, denn natürlich parkt hinter dem schwarzen und weißen Auto aus Chemnitz ein roter Tscheche...
Nun aber zum eigentlichen Grund der kleinen Ausfahrt. 40 Kronen wollten die beiden Rentner am Eingang im Tausch gegen ein blaues Papierticket haben, dafür gewährten die Jungs Einlass in die rund 3.000 Zuschauer fassende Halle. Auf der einen Seite Sitzplätze mit alten Holzbänken und dem gegenüber eine fette Stehplatztribüne, beide ordentlich steil. Dazu oben in der Ecke der Traum eines jeden Säufers - der direkte Durchgang zur Kneipe, die aber ja heute leider verschlossen blieb. Schöne, kleine und kompakte Halle, in denen sonst HK Lev (=Löwe) Slaný in der vierten Liga spielt. Der Löwe spielte hier jedoch keine Rolle, stattdessen grinste uns ein Drache an. Und was vom Namen her wie der nächste Asia-Imbiss um die Ecke klingt ist - man höre und staune - nichts anderes, als die chinesische U22-Eishockey-Nationalmannschaft. Im Prinzip machen die Funktionäre des bevölkerungsreichsten Landes der Erde dabei nichts anderes als beim Fußball 2017, als ein paar Demonstranten mit ein paar Tibet-Fahnen ein Projekt zum Platzen brachten, an dem sich zahlreiche deutsche Ultra-Gruppen die Zähne ausbissen: in Vorbereitung auf die nächsten olympischen Winterspiele (2022 ist man als Gastgeber in Peking automatisch gesetzt) hat man eine Nachwuchs-Truppe in den tschechischen Ligabetrieb integriert, in diesem Fall in die 3.Liga. Was beim Fußball und in Deutschland für Aufruhr sorgte, scheint in Tschechien recht geräuschlos über die Bühne gegangen zu sein, zumindest wurde ich erst im Dezember in Wolfsburg von Toppi auf die Truppe aufmerksam gemacht. Ob das ganze Ding mit Olympia, China und Eishockey nun so eine gute Idee ist, sei beim Blick auf den Saisonverlauf der Drachen aber mal angezweifelt, denn die Truppe um die Topscorer Zheng Mingju und Xiang Xudong bekamen bislang durchgängig auf den Sack. Gerade mal einen mickrigen Punkt haben die Jungs bislang geholt, in 32 von 33 Partien ging man in der regulären Spielzeit als Verlierer vom Eis, beim Spiel in Písek brachte die Verlängerung die Entscheidung zuungunsten der Asiaten. Dazu ein Torverhältnis von 65:318 und Ergebnisse wie ein 1:16 gegen Klatovy, 3:17 gegen Kobra Praha oder auch ein 2:19 (!) gegen Pribram. Auch heute springt im Duell gegen den Vorletzten, der mit 23 Punkten Vorsprung wohl schon etwas außer Reichweite liegt, nur die nächste Klatsche raus, aller zumindest erkennbarer positiver Ansätze zum Trotz. Klar mag Tschechien eine der weltweit führenden Eishockey-Nationen sein (Anmerkung meiner inneren Stimme: na ja, sind ja "nur" sechs Weltmeister-Titel und der OIympiasieg 1998...), aber trotzdem reden wir hier über die dritte Liga... fraglich, wie die Chinäisen in zwei Jahren gegen die stärksten Nationen der Welt bestehen wollen. Kein Wunder, dass sich hier gerade mal rund 50 Nasen einfinden, denn das Niveau ist überschaubar und eine emotionale Bindung oder zumindest einen Event-Faktor (bis auf bissl Musik gibt's exakt nüscht) sucht man hier natürlich auch vergebens. Zwar trommeln und brüllen auch hier zwei Unverbesserliche im übergroßen Dragon-Trikot von den Stehplätzen ihren Müll durch die Halle, aber im Endeffekt interessiert die Veranstaltung den sonst äußerst Eishockey-begeisterten Honza (innere Stimme: Nationalsport!) so sehr wie der sprichwörtlich umgefallene Sack im Land der "Gastgeber"... Dank unterhaltsamer Gespräche vergeht die Zeit hier trotzdem wie im Flug und wenn auf der Rückfahrt nicht noch der Ölfilter des Mazdas seinen Geist aufgegeben hätte, könnte man den Tag sogar echt in positiver Erinnerung behalten. So beginnt das Jahr eben rund 850 € teurer als erwartet... 勇敢是尽管有腹泻却放屁的人!
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