11.08.2018: VfB 1921 Krieschow - BSG Wismut Gera

• NOFV-Oberliga, Staffel Süd (5.Liga)
• Sportpark Krieschow (Krieschow)
• 240 Zuschauer
• 0:1 (0:1)

Krieschow… der Name klingt schon nach Dorf, nach Land, nach fehlendem Warmwasser- und Stromanschluss, nach Pferdekutschen und Kaiserbild über dem mit aus dem Wald gefälltem Holz befülltem Kamin. Und trotzdem, soweit entfernt man sich hier in der Cottbuser Peripherie auch von der Zivilisation fühlen möge, das 550-Seelen-Nest hat tatsächlich einen Oberligisten vorzuweisen. Bisheriger Höhepunkt des seit 2009 andauernden fulminanten sportlichen Aufstieges der früher als BSG – wen wundert es – Traktor auflaufenden Blau-Weißen, die in ihrer letztjährigen Premierensaison locker den Klassenerhalt schafften und mit dem früher unter anderem bei Energie Cottbus, Holstein Kiel und dem BFC aktiven Andy Hebler sogar den Torschützenkönig stellten. Die Lausitzer scheinen  sich also länger in der zweithöchsten Liga des Nordostdeutschen Fußballverbandes einzurichten, irgendwann muss man also eh hierher, wenn man sich die Komplettierung solcher unbedeutenden Sportligen in den eh schon viel zu vollgestopften Kopf gesetzt hat. Die Folge der wahrscheinlich selbst in Fußballtouristen zweifelhaften Zielstellung sind dann eben auch solche Plätze, konnte der Krieschower Sportpark doch mit der sportlichen Entwicklung nur teilweise Schritt halten. Einige Modernisierungen hat es zwar hier gegeben, mehr als die überstrapaziert zitierte grüne Wiese ist es aber nicht, was unsere Augen hier erblicken. Mittels Bauzäunen ist auch ein Gästeblock schnell abgegrenzt, dessen Auslastung am heutigen Tage jedoch beschämend minimalistisch ausfällt. Gerade mal eine Kleinbusbesatzung hat den Weg aus Ostthüringen in Angriff genommen und sich hinter der Fahne der „Wismut Szene 51“ versammelt, von Mitgliedern der anderen Gruppe in Gera („1951 Ideale & Leidenschaft“) scheint niemand vor Ort zu sein. Da scheint die im Vorfeld von einem Bekannten mit Kontakten nach Gera eher ironisch geäußerte Vermutung, dass sich aufgrund des an diesem Tag in Thüringen zelebrierten Schulanfangs nur wenige Orange-Schwarze auf den Weg machen, gar nicht so abwegig, hehe. Realistisch betrachtet spielen wohl aber vor allem die internen Konflikte bei der BSG eine Rolle, die in Folge der Auflösung der Ultras Gera Anfang 2017 aufflammten. Immerhin: den ein oder anderen Chant lassen die Gäste erklingen, zu großen Teilen wird der erfolgreiche Auswärtsauftritt der eigenen Mannschaften jedoch schweigend verfolgt. Der mittlerweile ebenfalls zu uns gestoßene Sznappsen (A4-Achse lebt!) ist ebenfalls leicht enttäuscht, zugleich aber ebenso verwirrt über das Geschehen auf der Heimseite. Sorgt die selbstgemalte „Krieschow – Gera“-Freundschaftsfahne schon für ein Anheben der Augenbrauen, ist für den Polenkenner beim gesprühten „VfB-Fans Łódź“ endgültig Ratlosigkeit ausgebrochen. Haben wir etwa gerade ein Bündnis entdeckt, von dem selbst die szenekundigsten Ultras noch nie etwas gehört hatten? Wer regiert denn nun in Krieschow – Widzew oder doch LKS?! Und wie reagiert man eigentlich bei Energie und ihren Kumpels aus Andrychow auf diesen Frevel? Fragen über Fragen, auf die wir vermutlich aber eh nie eine Antwort erhalten werden und eigentlich auch nicht erhalten wollen.

Die Gedankenspielerei diverser potentieller Randale-Möglichkeiten und neuen Bündnisse ließ uns zumindest die Zeit wie im Fluge vergehen, was angesichts einer niveauarmen und umkämpften Partie mit glücklicherem Ausgang für die Gäste dringend notwendig erschien. Den aufmunternden Applaus der rund 240 Zuschauer war den Gastgebern trotzdem gewiss, während wir uns auf den vermeintlichen Heimweg begaben, der jedoch von einem folgenschweren Döner-Stopp im Kaff nebenan unterbrochen wurde. Verheerend der eher zufällige und ohne Hintergedanken getätigte Blick auf fupa.net, dass doch tatsächlich noch ein zeitlich passendes und quasi eh auf der Route gen Chemnitz liegendes Testspiel in Lauchhammer offenbarte. Kaum war es ausgesprochen, der Spielort von mir als durchaus brauchbar bezeichnet, schon war die Entscheidung gefallen und wir auf dem Weg in die erst 1950 entstandene Gemeinde.