- Kreisoberliga Muldental/Leipziger Land (8.Liga)
- Stadion Jahnbaude (Böhlen)
- 70 Zuschauer
- 2:2 (1:1)
Deutschland steht vor einem Problem, dass das Land vor
eine Zerreißprobe stellt. Invasoren aus Nordafrika drängen in dieses schöne
Land, auf seine Wiesen und Felder, seine Flüsse und Seen. Und wir haben sie uns
auch noch selbst ins Land geholt – meist zu Schauzwecken, zur Belustigung und
Stillung unserer untersten Bedürfnisse. Aber man wurde ihnen nicht mehr Herr,
sie strebten nach Freiheit. Und das Schlimmste: sie, diese von uns hergeholten
nordafrikanischen Invasoren, nehmen uns alles weg. Die Wohnung. Die Alte. Das
Fressen. Alles, aber einfach alles soll in ihrem schmierigen Schnabel landen
und sonst nirgendwo. Und was macht der Deutsche? Er weiß nicht wie er damit
umgehen soll, verteidigt diese Vögel auch noch, während andere darüber
spekulieren, endlich eine Jagdsaison einzuführen und sie zum Abschuss
freizugeben. Es geht sogar so weit, dass selbst die Europäische Union sie auf die
Liste der invasiven Arten gesetzt hat, die in Europa nicht erwünscht sind. Not
welcome. Am Ende wird nur die eine Lösung bleiben, um dieses Problem zu lösen
und unsere Umwelt zu schützen: die Jagdsaison eröffnen, flächendeckend, in ganz
Deutschland. Selbst die Fachwelt ist sich da einig: „Man
kann die nicht einfangen und sterilisieren. Das ist bei diesen Vögeln viel zu aufwändig
- wenn das überhaupt geht, das habe ich auch noch nicht gehört. Aus meinem
Verständnis heraus gibt es keine anderen Management-Methoden als sie zu
verscheuchen oder zu bejagen, was in den allermeisten Fällen zu schießen heißt“,
sagt zum Beispiel Marten Winter. Und ja, langsam muss etwas getan werden, muss
die Politik reagieren. Denn auch hier, im sächsischen Nichts, macht die Nilgans
(lateinisch Alopochen aegyptiaca) sich
breit und vertreibt die heimischen Gänse-Arten. Keine Überraschung daher, dass
im sonst leeren Stadion an der Waldstraße in Böhlen zwei dieser possierlichen
Tierchen über den mittlerweile mit Kratern übersäten Rasen stolperten. Wer
Zweifel daran hatte, dass hier nicht mehr gespielt wird, wurde heute eines
Besseren belehrt – der Zustand des Platzes erbärmlich, die Auswechselkabinen
zusammengestürzt, die Stufen auf dem besten Weg zur Grundlage des jährlich
blühenden Biotops. Und zwei Nilgänse sowie ein einsamer Böhlener, der die
Stille und Abgeschiedenheit des verlassenen und vermutlich auch vergessenen
Stadions - dass 1953 mit dem Aushub aufgeschüttet wurde, welcher bei der
Begradigung der nahen Pleiße anfiel – nutzte, um sich bei strahlendem
Sonnenschein und nur mit einer Buchse bekleidet den ersten Sonnenbrand des
Jahres zu holen. Da störten die zwei Bekloppten, die hier überall ihre Fotos
von den Stufen machten, anscheinend nur und so war der Kollege offensichtlich
erfreut über die Tatsache, dass die Kombination “Kleiner Zeiger auf der 3,
großer Zeiger auf der 12“ auf der Uhr das mahnende Signal zum Aufbruch
bedeutete. In der traditionsreichen Jahnbaude stand die im Winter abgesagte
Nachholpartie zwischen Chemie Böhlen und dem VfB Leisnig auf dem Programm und
immerhin 70 Nasen hatten das Spiel als Nachmittagsgestaltung auserkoren. Während
die Gastgeber mit etwas Pech nur zur einem 2:2 kamen, was angesichts der
sportlichen Lage im Nichts der Tabelle keinen Beinbruch darstellen dürfte,
ließen wir die Blicke schweifen und mussten feststellen, dass dieser Moment nah
an der Perfektion liegen dürfte – die Sonne scheint, vor den Augen rollt der
Ball, entspanntes Zusammensitzen und labern. Einfach Fußball. Natürlich prägt
auch die Jahnbaude selbst den Eindruck, denn obwohl an sich nicht spektakulär,
steckt sie doch voller Fußballgeschichte. Denn dort, wo heute Löwenzahn und
Gänseblümchen die Sonne genießen, standen vor 40 Jahren Detlef, Maik und Mirko
und feuerten ihre Idole Klaus Havenstein oder Bernd Hubert gegen die verhassten
elitären Fußballclubs an. Ja, auch die BSG Chemie Böhlen, die kurz nach der
Wende eine wichtige Rolle beim Überleben des Leipziger Namensvetters spielte,
ist Teil des elitären Zirkels der ewigen Tabelle der DDR-Oberliga. Insgesamt
vier Spielzeiten waren die Grün-Weißen Gast in der Belletage des ostdeutschen
Fußballs und konnten dabei auch den ein oder anderen großen Sieg erringen – die
Bilanz der Himmelblauen zum Beispiel hier ist mit zwei Remis und zwei
Niederlagen in dieser Zeit alles andere als rosig. 1990 war Chemie Böhlen auch
die erste Ostmannschaft, die von einem Westdeutschen trainiert wurde, auch wenn
das Gastspiel von Jimmy Hartwig nur von kurzer Dauer war. Doch die Zeit und
politische Veränderungen sind oftmals zu große Gegner: nach dem Debakel der
Fusion mit der Leipziger Chemie (die Böhlener gaben neben ihrem
Oberliga-Startplatz auch noch fast die komplette Stammelf an den neugegründeten
FC Sachsen ab und starteten selbst in der Bezirksliga) folgte 1997 der
Tiefpunkt der Insolvenz, die den Verein endgültig auf die Kreisebene zurück
beorderte. Statt Dynamo Dresden, Carl Zeiss Jena, Lok Leipzig oder dem BFC
heißen die Gegner mittlerweile Blau-Weiß Bennewitz, TuS Pegau, Großsteinberg
und Blau-Weiß Deutzen und statt Tausenden bevölkern nur noch ein paar Dutzend
die alten Ränge der Jahnbaude, davon aber eben auch nicht wenige, die hier
schon ganz andere Kaliber spielen sahen. Aber auch deswegen ist es schon
irgendwie schön hier.
Stadion an der Waldstraße (Böhlen)
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